Louis Vui-Tonne

Ein Spaziergang durch die Bahnhofstrasse in Zürich gestaltet sich heute wie ein Fegefeuer der falschen Eitelkeiten.

LV. So weit das Auge reicht.

Während früher die Sonnenbräune einen Überschuss im Haushaltsbudget repräsentieren sollte, will man/frau nun mit beigefarbenen Buchstaben auf braunem Hintergrund einen höheren Status in der Gesellschaft symbolisieren. Die Taschen des einst solch traditionsreichen Hauses baumeln gefühlt überall. Was auch immer bei Louis Vuitton los ist: mit Luxus hat das nichts mehr zu tun. Während die Taschen bisher "nur" präsent waren, findet seit Beginn der Corona-Pandemie eine regelrechte Explosion des berühmten Monogramms statt.

Der Zürcher Louis Vuitton-Store am 22. Dezember 2020. Quelle: Forbes (Tanya Akim)

Auf Nachfrage beim Louis Vuitton Store wird mitgeteilt, dass die derzeitige Wartezeit 1 Stunde und 55 Minuten beträgt. In einer TV-Reportage erzählt ein stolzer Warteschlangensteher, dass er sich "nach der harten Zeit mit Corona-Einschränkungen eine Belohnung gönnen" wolle.

Das grandiose Handwerk und der innovative Geist des Herrn Louis Vuitton revolutionierten die Personenbeförderung. Er war es, der der physischen Bewegung von A nach B die Eleganz des Reisens gegebenen hat. Sein Werk sollte seinen 441 km langen Fussmarsch vom Jura-Gebirge nach Paris darstellen. Jene Reise, die er 1835 als 14-jähriger Teenie antrat, auf dessen Windungen und Wendungen er sein Handwerk erlernte und als erwachsener und weiser Mann Paris erreichte. Der Geist des Louis Vuitton steht dafür, dass der Weg das Ziel ist, dass jede Reise einen spirituellen Charakter hat und überhaupt, dass das Leben an sich eine unendliche Reise darstellt.

Unter der Fuchtel des geldgierigen Mutterkonzerns LVMH (...der Chairman Bernard Arnault gilt als der reichste Europäer) hat man es geschafft, visionäres Reisegepäck zu einem Trostpreis für die Gewinner eines unfairen und illusorischen Wettbewerbs zu verwandeln.

Heute wird nicht ein Traum, eine Vision oder ein Kunstwerk verkauft. Verkauft wird die Vorstellung, dass man/frau sich nach einer "harten" Zeit des Nichts-Tuns eine Belohnung verdient hat. Verkauft wird die inhumane und arrogante Zurschaustellung des Umstands, dass die Pandemie einen nicht getroffen hat (wobei hier ein dezenter Hinweis auf die steigende Privatverschuldung angebracht wäre).

Leider ist passiert, wovor Experten das Haus seit Jahren warnen. Die Taschen werden tonnenweise hergestellt und vertrieben. Tonnenweise Verkauftes wird tonnenweise getragen. Tonnenweise Unverkauftes wird tonnenweise verbrannt. Das einst exklusive Haus scheint sich in einem unendlichen Kreislauf der Ego-Fütterung der Gesellschaft zu befinden. Louis Vuitton muss jetzt auf die Logo-Bremse treten und den Chefdesigner Nicolas Ghesquière medial breiter positionieren. Durch diese Umkehr vom Mainstream hin zur Handwerkskunst können die Kernwerte wieder zum Vorschein treten.

Diese sogenannten Core-Values sind der Sauerstoff eines jeden Luxus-Hauses. Sie sind es, die den hohen Preis für die Ware rechtfertigen. LVMH scheint sich nicht mehr gross für den Traum, die Vision und die Kunst des Herrn Louis Vuitton zu interessieren. Dem einstigen Traumhaus ist der Sauerstoff ausgegangen; geblieben ist die Unverschämtheit, sich weiterhin als luxuriöse Marke zu positionieren und entsprechende Preisetiketten anzubringen.

Am Ende bleibt die Schmach all jenen, die unter der Lüge der Exklusivität (Tipp: wenn's alle haben... ist es nicht mehr exklusiv!) ihr hart verdientes Geld weiterhin in die Louis Vui-Tonne werfen.


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G.U.

 

 

 

 

 

 

Kommentare

  1. Er besteht ja für niemanden ein kaufzwang 😂

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  2. Wahre Worte ... habe selbst einige wenige Stücke die auch schon etwas in die Jahre gekommen sind ... DOCH ... wenn ich beobachte, dass hier zu Lande bereits Teenies (Schülerinnen in der Schule meiner Tochter) diese "Luxusteile" als Schulranzen verwenden (wohlbemerkt keine fakes aus dem Urlaub!) dann frag ich mich wo hier Pkt.1 da noch der Luxusfaktor liegt und ob sich diese Kunden auch in Warteschlangen vor einem Geschäft für Schultaschen einreihen würden ... mann/frau gönnt sich ja sonst nichts. Und by the way ... das noch im Kontext mit der Corona Krise wo weltweit 100.000e Menschen, die nicht in einem Land mit mitteleuropäischem Gesundheitssystemen allein aus Geldmangel für eine adequate Behandlung, ihr Leben gelassen haben. Naja, aber Gott sei Dank besteht ja kein Kaufzwang 😒

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